In der Gastronomie herrscht ein Gefühl großer Ungewissheit. Bislang Selbstverständliches wird in Frage gestellt. Kennzahlen ändern sich, alles muss getestet werden. Viele glauben, dass dies auch auf Wellness und Freizeit zutrifft, aber wie sich herausstellt, kann sich dieser Bereich für Gäste als besonders lohnend erweisen, wenn er in den richtigen Händen liegt. Und hier kommt Finlay Anderson, Director of Spa & Leisure der IHG im Vereinigten Königreich ins Spiel. Nach seinen Worten ist jetzt die richtige Zeit für Innovationen im Wellnessbereich, und er und sein Team wollen das beweisen. Wir haben uns mit ihm in Verbindung gesetzt, um mehr über seine Ideen für Wellness und Freizeit für die InterContinental Hotels Group im Vereinigten Königreich zu erfahren und ihn nach seinen Pläne für die nächste Zukunft zu fragen.
SHIJI: Was hat Sie dazu veranlasst, im Wellnessbereich zu arbeiten, und wie haben Sie es zum Director For Spa & Leisure von IHG im Vereinigten Königreich geschafft?
ANDERSON:Ich habe eigentlich Sportwissenschaften studiert und habe als Fitnesstrainer, Personal Trainer und Fitnessstudioleiter zunächst in unabhängigen Fitnessstudios und schließlich in Hotels gearbeitet. Ich habe mir selbst eine Probezeit von sechs Monaten eingeräumt und war von der Hospitality-Branche begeistert. Unser Fitnessstudio bestand aus einem Raum und wir haben uns schnell entschlossen, einen Büroraum in einen Behandlungsraum umzuwandeln. Nach sechs Monaten waren daraus neun Räume geworden.
Ich hatte meine Leidenschaft gefunden und habe mich ganz der Wellness verschrieben. Ich habe dann in verschiedenen Gruppenrollen in QHotels Collection gearbeitet, was mir großen Spaß gemacht hat. Von den QHotels wechselte ich zum Kimpton Blythswood Square Hotel, da ich ursprünglich aus Glasgow stamme. Blythswood ist ein Fünf-Sterne-Hotel der IHG und einfach großartig. Dort habe ich zwei Jahre verbracht und heute arbeite ich noch immer für die IHG, aber in einer Gruppenrolle.

Und zu Ihrer Frage nach der Zukunft – nun ist der richtige Zeitpunkt, Inventur zu machen, Neues zu entwickeln, zu innovieren und das Team bei Laune zu halten und mehr Risiko zu wagen.
Sehr gut. Es freut mich, dass Sie diese Zeit für Innovationen nutzen.
Wir haben die Teams verkleinert und dies zum Anlass genommen, unsere Prioritäten zu überdenken und setzen heute auf Erlebnis und Qualität statt Quantität – nicht mehr als 14 Gäste in einem Raum. Ein 90-minütiges Wärmeerlebnis z. B. gibt ihnen das Gefühl von Exklusivität. Das ist auch für das Team ein Plus, da es Zeit hat, die Gäste richtig kennenzulernen und ihnen ein tolles Erlebnis zu bieten.
Wir schenken eigentlich nur Leuten, die eine Pause von der Realität brauchen, einen schönen Tag. Damit fällt es einem nicht schwer, sich jeden Tag zu motivieren!
Wir nutzen die Zeit auch als Gelegenheit, uns mit neuen Technologien und Produkten zu beschäftigen.
Welche Rolle spielt Technologie heute im Wellness- und Freizeitbereich? Wie beeinflusst sie das Gästeerlebnis?
Technologie ist zweifelsohne wichtig und beeinflusst immer stärker auch die Gäste-Journey.Angefangen hat es aber mit den Buchungen. Wir verlegen immer mehr Prozesse online, um die Rendite zu erhöhen. Etwas, das wir nach COVID anbieten möchten, ist die Beantwortung von Fragen unserer Gästen bei der Buchung – ein interaktives Online-Erlebnis ist besser als ein fünf- oder zehnminütiges Telefongespräch.
Verfahren zur Vorabanmeldung, Erinnerungs-E-Mails usw. – all das ist bare Münze für uns. Damit lassen sich Tage wie Weihnachten viel einfacher bewältigen. Wir können in letzter Minute Gutscheine mit QR-Codes für einen Besuch des Spas anbieten und Gästen zeigen, was sie erwartet, wer sich um sie kümmern wird usw.
Spas wirken sich auf verschiedenen Ebenen auf die kommerzielle Realität aus und manchmal müssen Sie sich Ihre Gewinn- und Verlustrechnung genauer ansehen um festzustellen, welchen Einfluss sie auf die Zimmerpreise des Hotels haben.
Finlay Anderson
Eines unserer Großprojekte der letzten zwei Monate war die Konsolidierung verschiedener älterer Verfahren in einem System. Buchungen erfolgen vollständig online, sodass sich das Team vor Ort auf das Gästeerlebnis konzentrieren kann und wir kümmern uns um das Buchungsverfahren. Und als Bonus verfügen wir jetzt über eine Berichtfunktion. Damit können wir feststellen, welcher Standort Unterstützung von unserem zentralen Team benötigt, wo wir das Geschäft ankurbeln müssen und wo wir das Upselling vom Hotel verstärken müssen.
Wir arbeiten mit ishga, einem unserer Produktpartner zusammen, der eine großartige Hauttechnologie auf den Markt bringt, die unsere Therapeuten verwenden werden. Die Produkte werden jedoch nicht nur von uns angewendet, sondern Gäste können sie auch bei uns erwerben und mit der ishga-App den Feuchtigkeitsgehalt ihrer Haut analysieren und nachverfolgen. Außerdem kuratieren wir einen eigenen Soundtrack für ishga-Behandlungen, für Spezialbehandlungen und für eine einmalige Klangtherapie.
Was ich anstrebe ist ein Rundumansatz, ob praktische Behandlung durch Therapeuten, Klangtherapie, CBD oder Aromatherapie – praktisch alles, um diese positive Nachwirkung zu erzielen, denn jeder ist anders und reagiert anders.
Wellness ist nicht immer der umsatzstärkste Bereich in einem Hotel. Welchen Rat würden Sie Investoren geben, die nicht unbedingt in Technologie als Teil des Spa-Betriebs investieren möchten?
Spas wirken sich auf verschiedenen Ebenen auf die kommerzielle Realität aus und manchmal müssen Sie sich Ihre Gewinn- und Verlustrechnung genauer ansehen um festzustellen, welchen Einfluss sie auf die Zimmerpreise des Hotels haben.
Wie bei jeder Technologie denke ich, dass es auch in diesem Fall wichtig ist, dass Sie und Ihr Team dahinter stehen und fest davon überzeugt sind. Das heißt Sie müssen mit verschiedenen Anbietern sprechen und die verschiedenen Lösungen ausprobieren, um festzustellen, was am besten zu Ihrem Spa passt. Passt sie zu Ihrer Altersgruppe? Sie brauchen eine Lösung, die erfahrbar ist und Resultate zeigt.

Wir haben Kryotherapie angeboten, aber Gäste haben sich beschwert und gesagt: „Alles schön und gut, aber der Lärm stört die entspannte Atmosphäre.“ Das heißt es muss alles stimmen und wir müssen uns in die Gäste hineinversetzen, wenn wir erfolgreichsein wollen.
Ich glaube die oberste Priorität ist – wie fügt sich das Ganze in Ihr Spa ein und passt es zur Gäste-Journey? Steht das Team voll dahinter? Und erst dann kommt die Frage nach der Rendite und nach sonstigen Faktoren.
Wie hat der aktuelle Marktdruck das Geschäft beeinflusst und hat Technologie überhaupt dagegen geholfen?
Online zu gehen war ein enormer Schritt für uns. Über unser E-Mail-Postfach alleine haben wir über 300 Buchungsanfragen erhalten und das ist nur einer unsere Kanäle. Das heißt 50 % unseres Geschäftes online abzuwickeln ist enorm. Die Automatisierung unserer Prozesse wird der nächste große Schritt sein, da unsere Erinnerungen an die Vorabanmeldung noch immer per Hand bearbeitet werden. Systeme mit automatischen Erinnerungen liegen in der Zukunft und die Technologie bewegt sich in diese Richtung.
Wie steht es um das größere Umfeld? Hat hre Konkurrenz Sie mit etwas inspiriert?
Uns war absolut bewusst, dass unsere Modelle rein auf Quantität beruhen. Wir haben uns die besten Spas angeschaut und gesehen, was sie in Schottland machen, und da geht es normalerweise hauptsächlich um den Preis.
Es gibt verschiedene WhatsApp-Gruppen mit Spa-Geschäftsleitern, die sich ansehen, was die anderen machen. Damit fällt es leicht, die Leute zu überzeugen, die die Entscheidungen treffen. Ich brauche nur zu sagen: „Das ist, was unsere Konkurrenz macht und sie hat Hunderte von Online-Buchungen die Woche.“
Finlay Anderson

Wir haben uns Aqua Sana im Vereinigten Königreich angeschaut. Manches wie ihre Erlebnisräume und Ihre neuen Wärmeerlebnisse mit Sensorik ist ziemlich aufregend, und das untersuchen wir im Moment. Dafür werden keine Therapeuten gebraucht, sodass auch die Rendite größer ausfällt.
Wir haben uns auch kleinere Spas angesehen, die echt erfolgreich sind, und Aqua Sana in Gleneagles und Hoar Cross sind meiner Meinung nach die besten, was Innovationen angeht.
Wenn Sie wirklich wissen wollen, was in der Wellness-Branche vor sich geht, müssen Sie sich Six Senses ansehen. Wir sind bei Weitem nicht so fortschrittlich wie sie und einige ihrer Therapien und die Art, wie sie moderne Technologien mit traditionsreichen Ritualen und Wellness-Praktiken verbinden, sind einfach phenomenal.
Es gibt verschiedene WhatsApp-Gruppen mit Spa-Geschäftsleitern, die sich ansehen, was die anderen machen. Damit fällt es leicht, die Leute zu überzeugen, die die Entscheidungen treffen. Ich brauche nur zu sagen: „Das ist, was unsere Konkurrenz macht und sie hat Hunderte von Online-Buchungen die Woche.“
Gibt es im Hinblick auf das Jahr 2022 Schwerpunktbereiche, die Sie in den vergangenen zwei Jahre ausgemacht haben?
Ich glaube, wir sollten uns um die Wellness-Seite des Markts kümmern und auf Resultate achten. Wir werden weniger Buchungen annehmen, damit wir mehr Zeit haben, unseren Gästen zu erklären, wie sie sich besser um sich selbst kümmern können, wie sie sich selbst behandeln können und ihnen die richtige Hautpflege erklären. Ich will verstärkt in die Wellness-Branche überwechseln und einfach dafür sorgen, dass Leute sich besser fühlen.
Es ist gut für unsere Teams, sich zu beteiligen. Wenn wir dafür sorgen, dass sie ihre Arbeit genießen, weil sie zufrieden sind und die Arbeit gerne machen, beteiligen sie sich auch gerne und davon profitieren auch die Gäste, da sie ihren Tag richtig genießen können und alle sind glücklich.
Welchen Rat würden Sie anderen Spa-Leitern von Gruppen geben, welche Technologie für sie nützlich sein könnte?
Nehmen Sie sich Zeit und informieren Sie sich, was innerhalb und außerhalb der Branche passiert. Wählen Sie die Teile aus, die Ihnen gefallen und überlegen Sie, ob Sie sie mit Ihrer Kundenbasis in Einklang bringen können. Fordern Sie dann Ihr Team auf, Ihnen zu helfen, sie in Ihre Journey einzubauen. Sie werden am Ende nicht nur ein erstklassiges Erlebnis haben, das vom Team unterstützt wird, sondern Sie werden auch eine neue Einnahmequelle mit hoher Rendite erschließen.
Eine universelle Content-Management-Lösung
Die Gruppe wandte sich dann dem zu, was manche als den heiligen Gral des Content-Managements im Gastgewerbe betrachten: Eine universelle Content-Management-Lösung, die die einzige Quelle für alle Inhalte auf allen Plattformen wäre, die ein bestimmtes Hotel nutzt. Wie würde dies aussehen, welche Hindernisse gibt es, und was ist derzeit verfügbar?
Natalie Kimball: Wir [Shiji] müssen als Technologieanbieter berichten, welche Datenpunkte es gibt. Durch HTMG, wurden so viele Datenpunkte gesammelt. Wir haben bereits die Daten. Wir brauchen jemanden, der die Verantwortung übernimmt und sagt: “So wird es funktionieren”. Und dazu brauchen wir die Hilfe von GDS und von allen Beteiligten. Vielleicht müssen Wyndham, Hilton und Marriott irgendwann sagen: “Wir müssen aufhören, in dieses Hamsterrad stecken zu bleiben.”
Warum sollten die Anbieter aufstehen und sagen: “Okay, ja, wir machen das”, wenn es keinen Anreiz von kommerzieller Seite gibt? Vielleicht muss der Anstoß von einem großen Anbieter kommen, der über genügend finanzieller Mittel verfügt, um anfangs in die Sache zu investieren. Und wenn sie ein kommerzielles Modell entwickeln, das Einnahmen generiert, wird man anfangen, die Kosten zu decken. Aber es kann sein, dass es anfangs einen Verlust geben wird, damit wir es für die Branche anpassen können.
Gianna Rivera: Viele unserer Unternehmen denken über die verschiedenen Inhaltskanäle auf individuelle Weise nach. Ich glaube nicht, dass das nur für das eine oder andere Unternehmen gilt. Wir müssen dazu beitragen, dass diese Gespräche zu einem einheitlichen Denkprozess führen und dass sie verstehen, dass es im eigentlichen Sinne um Inhalte geht.

Hochwertige visuelle Inhalte
Zum Abschluss des Gesprächs diskutierte die Gruppe darüber, dass nicht alle Inhalte gleich sind, und tauschte einige Ideen darüber aus, wie hochwertige Inhalte tatsächlich aussehen.
Sarah Fults: Eine der größten Herausforderungen ist, dass man sein Hotel für das Fotoshooting vorbereiten muss. Für diejenigen von uns, die eine hohe Auslastung haben, kann es sehr schwierig sein, einen Termin für ein Fotoshooting für ein Hotel zu finden. Das ist die größte Herausforderung: Die Zeit zu finden, den Raum einzurichten und sicherzustellen, dass man überhaupt das Wissen dazu hat. Welche Blickwinkel? Von was sollte man das Bild machen? Wie kann man das im Rahmen des Budgets machen? Wie viele Jahre dauert es, bis man das nächste Fotoshooting machen muss?
Natalie Kimball: Es ist eine aufwendige aber wichtige Investition. Und jeder Geschäftsführer wird sich fragen: “Was ist mein Return on Investment?” Selbst wenn die Auslastung um 2 % steigt, ist das nicht genug.
Inhalte sind ein Verkaufsförderungsinstrument, und die OTAs haben uns das bewiesen. Es gibt einen Grund, warum jeder von ihnen Badezimmerfotos verlangt.
Ich glaube, es geht darum, dass ein Hotel nicht mehr darüber nachdenken muss, welches Foto wichtig ist und wie man es bekommt. Es geht um die Automatisierung. Und haben wir dann das Recht, das Foto auf jedem Kanal zu verwenden, der Zugang zu dieser Hosting-Plattform hat?